Additive Fertigung – ein großes Plus für den modernen Metallguss
Viele industrielle Hersteller behaupten, die additive Metallfertigung – ein Verfahren, mit dem sich bisher unmögliche Formen herstellen lassen – mit offenen Armen begrüßen zu wollen. Doch wie viele wagen es tatsächlich, diesen Weg einzuschlagen?
Abgesehen von einer Handvoll von Frühanwendern warten die meisten industriellen Hersteller lieber ab, ob oder wann additive Fertigungstechnologien weiter ausreifen. Vielleicht fallen auch Sie in diese Kategorie. Natürlich gibt es nachvollziehbare Gründe, weshalb Hersteller weiterhin auf traditionelle Fertigungsverfahren wie den Metallguss setzen, statt sich kopfüber in die additive Metallfertigung zu stürzen.
Zum einen können Hersteller bei der additiven Metallfertigung in der Regel auf weniger als ein Dutzend allgemein verfügbare Materialien zurückgreifen, während beim Metallguss Hunderte verschiedene Legierungen zur Anwendung kommen können – ganz zu schweigen davon, dass die Verwendung neuer individueller Materialien kein Problem darstellt, selbst für ein einziges Bauteil im Rahmen eines größeren Projekts. Zum anderen lassen sich per Metallguss riesige Bauteile anfertigen, während Metalldrucker allerhöchstens Teile in Brotkastengröße hervorbringen. Der dritte Faktor sind Kosten- und Zeitaufwand: Anlagen für direktes Laserschmelzen (Direct Metal Laser Sintering, DMLS) sind äußerst kostspielig und erfordern ein hohes Maß an Nachbearbeitung. So ist meistens irgendeine Form von heißisostatischem Pressen und das Entfernen von Stützstrukturen von der Bauplatte notwendig.
Nicht zuletzt handelt es sich beim Metallguss um einen wohlbekannten und bewährten Prozess, den es bereits seit Jahrtausenden gibt. Dadurch, dass er nicht mehr neu zertifiziert werden muss, lässt sich eine Menge Zeit und Geld sparen.
Dennoch müssen Hersteller, die weiterhin auf Metallguss setzen, nicht auf das größere Formenrepertoire des generativen Designs oder auf die Vorteile der additiven Fertigung verzichten. Tatsächlich können moderne Metallgussverfahren den Weg zu diesen Technologien ebnen.
Anders als bei typischen 3D-Metalldruckverfahren, bei denen Form und Material zeitgleich bestimmt werden, geschieht dies beim Metallguss in zwei separaten Schritten.
Wer diese Tatsache zu seinem Vorteil zu nutzen weiß, dem gelingt ein echter technologischer Hattrick: Mithilfe von generativem Design und digitaler Optimierung können Hochleistungsstrukturen per Computer entworfen werden; die metallose additive Fertigung ermöglicht die physische Umsetzung dieser Strukturen als Gussformen; und moderne Gießverfahren verpassen ihnen unter Verwendung des passenden Metallmaterials ihre endgültige Form.
Dieser Ansatz bietet industriellen Herstellern sowohl eine gute Einstiegsmöglichkeit in die Welt des generativen Designs als auch der additiven Fertigung, zwei Ansätze, die in Zukunft weiterhin an Fahrt gewinnen werden. Und schon heute können Hersteller unter Zuhilfenahme von 3D-gedruckten Gussformen Metallerzeugnisse in bisher unmöglichen Formen entwickeln.
Unternehmen, die auf Leichtbau setzen – etwa in der Automobil- oder Luftfahrtbranche – kann diese Arbeitsweise erhebliche Vorteile bieten, und in manchen Fällen tut sie das sogar bereits. Darüber hinaus eignet sie sich hervorragend zur Herstellung maßgeschneiderter Objekte, wie etwa Knie- und Hüftersatzlösungen für Anbieter von Prothesentechnik.
Ein Beispiel für diesen technologischen Dreiklang ist der Sitzrahmen für ein Ultraleichtflugzeug, den ein Autodesk-Kollege und ich Anfang des Jahres mit einer Kombination aus optimierten Gitterstrukturen, 3D-Druck und Feinguss entwickelt haben. Wir fassten den Beschluss, das Sitzgestell aus Magnesium herzustellen, da das Material um 35 Prozent leichter ist als das üblicherweise für solche Strukturen verwendete Aluminium und ein besseres Festigkeit-Gewicht-Verhältnis aufweist. Da derzeit verfügbare additive Metalldrucker nicht in der Lage sind, Magnesium zu drucken, haben wir uns an eine der wenigen Gießereien in Nordamerika gewendet, die mit Magnesium arbeiten: Aristo Cast in Michigan. Das Team von Aristo Cast druckte ein Kunststoffmodell des Sitzgestells und verpasste ihm die entsprechende Struktur, die dann mit Keramik überzogen wurde. Anschließend wurde der Kunststoffanteil weggeschmolzen und Magnesium in die Keramikform gegossen, um das endgültige Sitzgestell zu erstellen.
Aufgrund des verwendeten Materials und der Gitterstruktur ist das Sitzgestell um 56 Prozent leichter als derzeit gängige Modelle. Würde man einen 615 Sitzplatz starken Airbus A380 mit Sitzen dieser Art ausstatten, ließen sich innerhalb eines Jahrs Treibstoffkosten in Höhe von 100.000 USD sparen – bei einer Flotte von einhundert A380-Maschinen und einer Zeitspanne von 20 Jahren würden sich die Einsparungen auf 200 Millionen USD belaufen. Und auch die CO2-Belastung der Atmosphäre ließe sich so um 140.000 Tonnen reduzieren.
Tatsache ist, dass viele Gießereien lieber die Finger von Formen lassen, die zu einzigartig oder kompliziert erscheinen – denn letztendlich ist es die Herstellung fertiger Produkte und nicht die Entwicklung von Prototypen, die das Gießereigeschäft am Laufen hält. Das zukunftsorientierte Unternehmen Aristo Cast baut jedoch bereits seit 20 Jahren auf 3D-Drucktechnologie und probiert jede neu verfügbare Technologie aus.
Aristo Cast räumt mit dem Mythos auf, die Herstellung von Bauteilen per Metallguss dauere rund anderthalb Jahre. Tatsächlich braucht das Unternehmen hierfür gerade einmal um die zwei Tage, weniger Zeit sogar, als dies in vielen Fällen mit Metalldruck der Fall wäre. Aristo Cast ist auf Feingießen spezialisiert, ein Verfahren, bei dem ein Modell des gewünschten Objekts aus einem bestimmten Material hergestellt wird. Durch ein spezielles Gieß- und Ausschmelzverfahren wird das Modellmaterial entfernt und es entsteht das Endprodukt aus dem gewünschten Material.
Mithilfe von Feinguss lässt sich selbst im Submillimeterbereich äußerste Detailgetreue verwirklichen. Wird ein Fingerabdruck auf dem Modell hinterlassen, ist auch dieser auf dem Endprodukt sichtbar.
Eine andere Möglichkeit in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Sandgussverfahren, bei dem Metallobjekte anhand von 3D-gedruckten Sandformen hergestellt werden. Diese Methode ermöglicht zwar keine ganz so feinen Details, ist im Gegensatz zum additiven Metalldruck oder Feingussverfahren jedoch in der Lage, Bauteile mit einem Gewicht von mehreren Tausend Pfund und einem Durchmesser von mehreren Metern zu produzieren.
Viele Gießereien haben erkannt, dass die additive Fertigung bei großen Produktionsmengen kosteneffektiver ist als die Arbeit mit komplizierten Gussformen, insbesondere in Kombination mit dem Sandgussverfahren. Doch wenn der Reiz des Neuen erst verflogen und der Hype um die additive Fertigung abgeflaut ist, wird die breite Akzeptanz des Verfahrens davon abhängen, ob es sich im Vergleich zu herkömmlichen Herstellungstechnologien als billiger erweist oder einen anderweitigen Mehrwert bietet.
Im Bestreben, diese Vorstellung Realität werden zu lassen, hat 3D Hubs kürzlich einen Service für eine schnelle und kostengünstige Herstellung von Bauteilen ins Leben gerufen. Das Prinzip dahinter? Eine Kombination aus additiver Fertigung und Metallguss. 3D Hubs verwaltet den gesamten Prozess vom Druck der Gussform über ihren Transport in die Gießerei bis hin zum eigentlichen Guss. Für den Druck der Formen setzt das Unternehmen extrusionsbasierte FDM-Drucker ein, verwendet jedoch ein speziell für Gießverfahren entwickeltes Material, das mit Dampf geglättet werden kann, um Schichtlinien zu beseitigen (ein stets aktuelles Problem).
Services wie jener von 3D Hubs bieten eine großartige Möglichkeit, Planungsingenieuren die Gestaltungsarbeit für die additive Fertigung schmackhaft zu machen. Egal, ob man sich für einen Drittanbieter entscheidet oder eigenhändig experimentiert, das Wichtigste ist, der Technologie eine Chance zu geben. Und so viel steht fest: Die Vorteile der additiven Fertigung, des generativen Designs und der Formenoptimierung sind für die Gießereibranche in greifbarer