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Ein VR-Spiel aus Neuseeland verbindet grüne Stadtplanung mit Spaß

Sustainable urban planning Margaret Mahy Playground Christchurch

Es ist wie ein Videospiel mit interaktiver VR-Technologie, um eine grüne Stadt zu bauen. Landschaftsarchitekten, Architekten und Ingenieure können so spielerisch neue Erkenntnisse für eine nachhaltige Stadtplanung gewinnen.

Sustain-a-city ist ein VR-Spiel von WSP Opus, einer neuseeländischen Beratungsfirma für Bauingenieurwesen und Infrastruktur. In einer in Zusammenarbeit mit der digitalen Werbeagentur Method entwickelten VR-Umgebung können Spieler ihre eigene fortschrittliche und lebenswerte Smart City entwerfen – dazu müssen sie Elemente aus Gewerbe, Infrastruktur, Energieversorgung und Wohnraum unter einen Hut bringen.

Sustain-a-city soll das Bewusstsein dafür schärfen, was es alles braucht, um eine wirklich nachhaltige Stadt zu entwerfen. „Im Laufe der Geschichte haben Städte normalerweise ihre Infrastruktur nach und nach von selbst entwickelt. Aber um eine widerstands- und zukunftsfähige Stadt zu planen, muss man all die unterschiedlichen Teile der Infrastruktur als Komplettsystem behandeln“, berichtet David Kidd, Vorsitzender für kundenspezifische Lösungen bei SWP Opus. „Ein wichtiger Aspekt bei der Programmierung des VR-Spiels Sustain-a-city bestand deshalb darin, genau dieses Konzept ins wirkliche Leben zu übertragen und es für den Nutzer ansprechend zu gestalten.“

Sustain-a-city lässt sich spielen wie eine Mischung aus SimCity und LEGO. Aber anstatt einzelne Wohnhäuser und andere Gebäude aufzubauen, werden vom Spieler Grundstücke bestimmt und miteinander verknüpft. Bei der Gestaltung der sechseckigen Spielfelder haben sich die Programmierer von Sustain-a-city das Strategiespiel Die Siedler von Catan zum Beispiel genommen. Auf dem Spielplan können die Spieler auf unterschiedliche Weise Felder anordnen und sich so durch die fünf Levels des Spiels vorarbeiten. Dabei überwachen sie den Fortschritt ihrer virtuellen Stadt auf einer Übersichtstafel, auf der angezeigt wird, was jede Stadt benötigt und wie dieser Bedarf erfüllt werden kann.

Sustainable urban planning Sustain-a-city game tiles
Spielfelder in Sustain-a-city. Mit freundlicher Genehmigung von WSP Opus.

„Wir haben uns Elemente ausgesucht, die man normalerweise in Städten vorfindet: Wasser- und Energiequellen, Wohngebiete, Gewerbeflächen und Transportinfrastruktur“, erzählt Kidd. Diese Komponenten müssen im VR-Spiel perfekt ausbalanciert sein, sonst leidet das Wohlergehen in der virtuellen Stadt ebenso wie in einer echten. „Es läuft wie in einer Art Ökosystem“, erklärt er. „Wenn man zum Beispiel viele Wohn- und Gewerbegebiete in der Stadt baut, steigt die Einwohnerzahl. Hat man sich aber nicht um genügend Wasser- und Energiequellen bemüht, wirkt sich das nach und nach auf die Einwohner aus. Je nachdem, welche Entscheidungen man trifft, kann die Stadt entweder aufblühen und wachsen oder sie geht ein.“

Bei der Entwicklung des Spiels wurde Wert auf ein lehrreiches und engagierendes Erlebnis gelegt. Für das Team von WSP Opus ging es vor allem darum, der ernsten Aufgabe, Infrastrukturprojekte zu erdenken und zu planen, einen Anreiz und sogar eine spielerische Leichtigkeit zu verleihen.

Sustainable urban planning Sustain-a-city tiles in play
Spielansicht der Spielfelder in Sustain-a-city. Mit freundlicher Genehmigung von WSP Opus.

„Wie sich herausstellte, war VR hierfür die perfekte Plattform “, sagt Kidd. „Man kann auf diese Weise sehr leicht Menschen erreichen, für die das Ingenieurwesen noch Neuland ist, die eine Karriere in diesem Bereich in Betracht ziehen oder die am Konzept der Stadtplanung und der Frage, was eine gut funktionierende Stadt ausmacht, interessiert sind. Durch die Gamifizierung, also die spielerische Vermittlung dieser Konzepte, können wir Nutzern ein Erlebnis mit gleichem Maße an Unterhaltungs- und Bildungswert bieten.“

„Wir hätten das Ganze natürlich auch als Video oder Online-Spiel umsetzen können und es hätte auch so Spaß gemacht“, meint Sam Ramlu, Geschäftsführerin von Method Digital. „Aber erst mit VR ist es etwas wirklich Besonderes. Es hilft unheimlich, die Leute in seinen Bann zu ziehen. Warum sollte man etwas Alltägliches präsentieren, wenn man die Nutzer auch in eine Situation versetzen kann, die sie möglicherweise niemals im richtigen Leben erfahren werden? Das Spiel bekommt dadurch einen zusätzlichen Wow-Effekt und sorgt für mehr Überraschungen und Nervenkitzel.“

Über den Unterhaltungsfaktor hinaus war es für das Team von Method wichtig, Sustain-a-city anspruchsvoll zu gestalten. „Da mussten wir natürlich genau das richtige Maß finden”, räumt Ramlu ein. „Das Spiel sollte Spaß machen, aber auch nicht zu einfach sein, damit die Leute immer weiterspielen wollen.“

Deshalb mussten Ramlu und ihre Kollegen eigenen Aussagen zufolge besonders darauf achten, dass alle wichtigen Elemente miteinander verbunden und strategisch platziert waren, damit die Spielfelder ihre Funktion erfüllen konnten. „Viele frühe Tests bestanden darin, Mock-ups von Spielfeldteilen zu gestalten, sie verschiedenen Typen von Spielfeldern zuzuweisen und sie zu nutzen, um den Spielfluss zu testen und herauszufinden, wie wir die Levels gestalten sollten – von ‚leicht‘ bis ‚anspruchsvoll‘“, berichtet sie. „Damit haben wir viele Testphasen für das Spiel durchlaufen, bis wir sicher waren, dass alles zusammen funktionierte. Erst dann haben wir uns an die Entwicklung der VR-Umgebung gemacht.“

In die Felder des Spiels sind eine Reihe von echten Projekten in Form von 3D-Grafiken eingearbeitet, die das Team von WSP Opus mit Hilfe von Autodesk Maya erstellt hat: darunter beispielsweise eine Radstrecke für Pendler, eine Crossroute für Radfahrer, ein Gehege für Menschenaffen, ein Spielplatz und ein neugestalteter Straßenabschnitt. All diese Elemente kann man sich am Ende des Spiels ansehen. „Wenn man erst sein Level abgeschlossen und seine Stadt gestaltet hat, kann man einen kleinen Spaziergang in ihr unternehmen“, fährt Ramlu begeistert fort. „Das ist eine schöne, kleine Überraschung. Man kann sich sozusagen in seine eigene Stadt teleportieren.“

Sustainable urban planning Orana Wildlife Park’s Great Ape Centre Christchurch
Das Gehege der Menschenaffen im Orana Wildlife Park in Christchurch gehört auch zu den virtuellen Attraktionen in Sustain-a-city. Mit freundlicher Genehmigung von WSP Opus.

Sustain-a-city wurde von WSP Opus schon auf mehreren Messen für Ingenieure in ganz Neuseeland präsentiert. Besonders gut, so Kidd, komme bei den Spielern das Iterationsprinzip des Spiels an. Es gilt, jedes Level weiter auszubauen und zu versuchen, die Komponenten möglichst effektiv miteinander zu verbinden. In einem nächsten Schritt plant das Unternehmen, eine umfangreichere Version von Sustain-a-city mit komplexeren Levels zu entwickeln. Darüber hinaus soll das Potenzial von Apps und der Onlinewelt hinzugezogen werden, sodass die Spieler gegeneinander spielen und sich mit Experten im Ingenieurwesen messen können.

Nicht zuletzt möchte man bei WSP Opus außerdem die Reichweite des VR-Spiels vergrößern. „Sustain-a-city bekommt von vielen unserer internationalen Geschäftsstellen wachsende Aufmerksamkeit, weil wir es so entwickelt haben, dass es an den Nutzer angepasst und lokalisiert werden kann“, erklärt Kidd. „In der Version für Neuseeland haben wir Projekte aus Neuseeland eingebaut, um dem Ganzen ein heimisches Gefühl zu verleihen. Aber wenn das Spiel in einer anderen geografischen Region eingesetzt werden soll, können dafür entsprechend andere lokale Projekte und Sehenswürdigkeiten eingebaut werden.“

Sustain-a-city besitzt das Potenzial, auch weitergreifende Wirkung zu zeigen. Denn dahinter steckt mehr als nur ein Virtual-Reality-Spiel – es ist ein immersives Stück Technologie, das dazu beitragen kann, die Grundlagen nachhaltig geplanter Städte in die Realität umzusetzen.

Über den Autor

Rina Diane Caballar lebt als freischaffende Publizistin in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Ihre Texte wurden unter anderem auf BBC Travel, The Atlantic, Quartz und CityLab veröffentlicht.

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