Diese 3 nachhaltigen Bürogebäude zeigen, wie Unternehmen ihre Klimaziele mit Technologie erreichen können

Neben der Modernisierung der Produktion sind nachhaltige Bürogebäude ein wichtiger Baustein der Klimaschutzstrategie für Unternehmen.


Die Floating Offices im ehemaligen Güterhafen von Rotterdam sind nachhaltige Bürogebäude.

Credit: Powerhouse Company.

Die Floating Offices im ehemaligen Güterhafen von Rotterdam sind nachhaltige Bürogebäude

Harald Henkel

25. Januar 2022

Min. Lesedauer
  • Nachhaltige Bürogebäude verringern den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase und schonen Ressourcen dank intelligenter Materialnutzung.

  • Im Design- und Herstellungsprozess helfen Technologien und Methoden wie Generatives Design oder Building Information Modeling dabei, diese Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

  • Mit dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) existieren in Deutschland nun auch nachprüfbare Kriterien, denen nachhaltige Bürogebäude genügen müssen – ein wichtiges Merkmal für Investoren und andere Stakeholder.

Umwelt- und Klimaschutz ist eine der größten – wenn nicht DIE größte – Aufgaben unserer Zeit. Das hat nicht zuletzt dank „Fridays for Future“ mittlerweile auch die Politik in den meisten Ländern erkannt. Doch auch Unternehmen legen einen immer stärkeren Fokus ihrer Aktivitäten auf die Bereiche Klimaschutz und CO2-Neutralität. Das zumindest legt eine Umfrage des deutschen Bankenverbandes mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut OMFIF nahe: So gaben 75 % der teilnehmenden mittelständischen Unternehmen in Deutschland an, dass sie die Ausweitung der nicht-finanziellen Berichterstattung, also die Rechenschaft über die Erfüllung der ESG-Kriterien, grundsätzlich für sinnvoll halten.

Zudem haben 71 % der deutschen Mittelständler sowie 72 % der börsennotierten Unternehmen in Deutschland laut dieser Umfrage bereits messbare Ziele bzw. Indikatoren im Rahmen der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsstrategie formuliert. Doch wie lässt sich die Nachhaltigkeit von Büro- und anderen Gebäuden reell messen?

Das Bewertungssystem für Nachhaltiges Bauen

Eine fundierte Methode hierfür bietet das vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entwickelte Bewertungssystem für Nachhaltiges Bauen (BNB). Als ganzheitliche Bewertungsmethodik für Gebäude und deren Umfeld zeigt das BNB, wie sich ein Neubau unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Qualität auf die Umgebung auswirkt. Bei Bürogebäuden sind folgende BNB-Kriterien relevant:

  • Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt

  • Inanspruchnahme von Ressourcen

  • Kosten über den gesamten Lebenszyklus

  • Rückbau-, Trennungs- und Verwertungsmöglichkeiten der eingesetzten Materialien

  • Benutzerfreundlichkeit, Behaglichkeit und Gesundheit

  • Flächeneffizienz und Nutzungsanpassungsfähigkeit

Bürogebäude haben eine schlechte Klimabilanz

Exterior of an office building with a living wall
„Alt“ muss nicht gleich „Abriss“ bedeuten: In Frankreich wurde die Fassade eines bautechnisch und optisch stark defizitären Bürogebäudes in einen echten Blickfang verwandelt. Credit: OuyOut/SAT Manager. 

Eine wichtige Rolle spielt hierbei neben der Transformation der Liefer- und Produktionsketten auch die Klimabilanz der Bürogebäude. Denn um die ist es wesentlich schlechter bestellt als um vergleichbare Wohneinheiten: So gibt es in Deutschland insgesamt drei Millionen Gewerbeimmobilien, zu denen neben den Bürogebäuden auch Einzelhandels- und Hotelimmobilien zählen. Zwar repräsentieren diese lediglich zwölf Prozent des gesamten inländischen Gebäudebestands, verbrauchen jedoch 40 Prozent der Gesamtenergie aller Gebäude im Land. Doch es gibt mittlerweile auf der ganzen Welt erfolgreiche Ansätze, um Bürogebäude nachhaltig zu gestalten und klimaneutral zu bewirtschaften.

1. Bürogebäude mit Weinfassade in der Champagne, Frankreich

Das gilt nicht nur für Neubauten, sondern auch für in die Jahre gekommene Bestandsgebäude. Doch „alt“ muss nicht gleich „Abriss“ bedeuten. Wie eine klimafreundliche Transformation in diesem Bereich gelingen kann, zeigt ein Beispiel aus Frankreich. Im dortigen Épernay, das als „Hauptstadt der Champagne“ bekannt ist, gelang es dem Pariser Planungsbüro OuyOut, ein sowohl bautechnisch als auch optisch stark defizitäres Bürogebäude des Steuer- und Buchhaltungsunternehmens CDER (vergleichbar mit der in Deutschland tätigen DATEV) im Ortskern in einen echten Blickfang zu verwandeln.

Den Planern gelang es, wertvolle Ressourcen zu schonen, die mit einem Neubau unweigerlich verbundenen hohen Emissionen sowie die bei einem Abriss entstehenden Bauabfälle zu vermeiden. Darüber hinaus weist das kernsanierte Gebäude auch noch eine hervorragende Energieeffizienz auf. Neben der Neugestaltung der Flächenaufteilung im Inneren des Gebäudes spielte hierfür die Neugestaltung der Fassade eine entscheidende Rolle, denn der im Jahr 1963 errichtete Komplex verfügte über keinerlei Wärmedämmung.

Die Fassade des Bürogebäudes war stark in die Jahre gekommen. Credit: OuyOut/SAT Manager.

Daher entwarfen die Architekten eine zweischalige Fassade, die zum einen aus der isolierenden Hauptdämmung an der ursprünglichen Fassade besteht und zum anderen aus einer leichten, ästhetisch ansprechenden Metallkonstruktion, an deren Streben Pflanzen wachsen können. An den 80 Zentimeter breiten, vertikalen Gitterbändern können nun Weinreben bis in luftige Höhen ranken und bieten so einen natürlichen Sonnenschutz.

Bei der Konvertierung dieser Daten in 3D-Modelle und 2D-Zeichnungen kam Autodesk ReCap zum Einsatz. Die modellbasierten Gebäudeentwürfe erstellten die Architekten schließlich mit Autodesk Revit. Das Programm ermöglicht auch die Anwendung von Generativem Design: Unter Berücksichtigung von Konstruktionszielen und Parametern wie dem verfügbaren Bauraum, Materialien, Fertigungsverfahren und Kostenzielen können so eine Vielzahl von Varianten durch die Software durchgerechnet und mithilfe von Iterationen eine Reihe von optimierten Entwürfen automatisiert erstellt. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern erhöht die Effizienz der Planung erheblich.

Die Floating Offices im ehemaligen Güterhafen von Rotterdam sind nachhaltige Bürogebäude.
Die schwimmenden Büros von Rotterdam sind dank ihrer modularen Bauweise aus Holz CO2-neutral und vollständig recyclebar. Credit: Powerhouse Company.

2. Schwimmende Büros trotzen dem Meeresspiegelanstieg in Rotterdam, Niederlanden

Auch in den Niederlanden entwickeln Architekturbüros wie die Powerhouse Company immer wieder bauliche Lösungen, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden. Kein Wunder, liegt doch ein Drittel der Landfläche unserer Nachbarn unterhalb des Meeresspiegels. Da dieser bis zum Jahr 2100 um 50 bis 80 Zentimeter ansteigen könnte, sind innovative Lösungen gefragt, um den Gebäudebestand effektiv zu schützen.

Ein Ansatz sind die im ehemaligen Güterhafen von Rotterdam treibenden Floating Offices – schwimmenden Büros, die auf dem Wasser des Rijnhavens treiben und so gegen einen Anstieg des Meeresspiegels gewappnet sind. Das nach Angaben seiner Entwickler größte schwimmende Bürogebäude der Welt beherbergt das Global Center on Adaptation, das ebenfalls Strategien zur Bewältigung des globalen Klimawandels entwickelt. Dabei ist der auf dem Wasser treibende Bürokomplex dank seiner modularen Bauweise aus Holz nicht nur CO2-neutral und vollständig recyclebar, sondern mit einem 900 Quadratmeter großen Solarpanel auf dem Dach und der Nutzung des Wassers für Kühlzwecke auch noch energieautark.

Die Planer setzen auf das Prinzip des Wärmetauschers und schaffen im Zusammenspiel mit überlappenden Balkonelementen eine äußerst energieeffiziente Gebäudekühlung. „Die Floating Offices sind energienegativ und erfüllen den höchsten Standard der europäischen Energiezertifizierung. Zudem sind wir an das städtische Stromnetz angebunden und speisen in den lichtreichen Monaten Strom ein, während wir in der dunkleren Jahreszeit Energie entnehmen. Insgesamt erreichen wir jedoch einen Überschuss von zehn Prozent über das Jahr gerechnet“, erklärt Renée Sapién von Powerhouse Company.

Der „Hainan Future Office Park“ in China gilt als Pilotprojekt nachhaltige Bürogebäude.
Der „Hainan Future Office Park“ in China gilt als Pilotprojekt für die Neuausrichtung des Landes auf eine digitale und nachhaltige Baukultur. Credit: Sweco.

3. Schwedische Architekten schaffen nachhaltiges Technologie-Hub in Hainan, China

In der südlichsten Provinz Chinas, Hainan, realisieren die Planer und Architekten des aus Schweden stammenden international tätigen Büros für Architektur- und Ingenieurdienstleistungen Sweco den 500.000 Quadratmeter umfassenden „Hainan Future Office Park“. Das Bauvorhaben gilt in China als Pilotprojekt für die Neuausrichtung des Landes auf eine digitale und nachhaltige Baukultur. In dem als Tech-Hub konzipierten Gebäudeensemble sollen sich nach den Plänen von Sweco High-Tech, Nachhaltigkeit und natürliche Gestaltungsmuster harmonisch miteinander verknüpfen und ergänzen.

Neben der an organischen Vorbildern orientierten Bauweise ist die ausschließliche Verwendung wiederverwertbarer Materialien vorgesehen. Zudem gelang es den Planenden, den in der Region reichlich fallenden Regen in das Kühlungs-, Beregnungs- und Abfallwirtschaftskonzept zu integrieren und dadurch wertvolle Ressourcen zu sparen. Dazu tragen auch Kreislaufprozesse für kritische Versorgungsanlagen innerhalb des Gebäudes bei. Hierfür sowie zur Entwicklung eines effektiven Verschattungskonzeptes, das die Außenflächen auch bei hohen Temperaturen angenehm kühl hält, nutzen die Architekten und Planer das Tool Autodesk BIM 360.

„Uns war klar, dass wir für die drei Hochhäuser aufgrund der gewünschten organischen Baukörper iterative Entwurfsprozesse benötigen würden“, erläutert Johannes Bergström, der bei Sweco für die Digitalstrategie des Projekts verantwortlich ist. Mit Autodesk Dynamo sind er und sein Team jedoch in der Lage, diese zeitaufwändigen Prozesse mittels eines computergestützten Entwurfs zu automatisieren.

Es zeigt sich, dass praxistaugliche Lösungen im Bereich der nachhaltigen Bürogebäude bereits weit fortgeschritten sind und selbst für Bestandsbauten eine realistische Option darstellen. Für Unternehmen stellt sich daher nicht mehr die Frage, ob, sondern wie sie ihr Bürogebäude am nachhaltigsten realisieren können. Denn Nachhaltigkeit nützt nicht nur der Umwelt sowie der Bindung von Mitarbeitenden ans Unternehmen, sondern auch der eigenen Bilanz, wie eine Studie der UBS zeigt: Immer mehr Investoren pochen auf die Erfüllung der ESG-Kriterien, und auch bei der Kreditvergabe spielen sie als Entscheidungskriterien eine zunehmend wichtige Rolle. Darüber hinaus steigern sie den Bilanzwert der jeweiligen Gebäude und schaffen ein positives Image sowie eine verbesserte Außenwirkung des eigenen Unternehmens.

Besonders innovativ und umtriebig in Sachen Klimaschutz sind auf Länderebene übrigens vor allem europäische Staaten: Laut dem Climate Change Performance Index (CCPI), der die Anpassungsfähigkeit von Staaten hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels misst, landen Schweden, Norwegen und Finnland ebenso wie Großbritannien, Malta und Lettland in den Top 10. Weitere Länder außerhalb Europas, die sehr viel tun, um sich den wechselnden klimatischen Bedingungen anzupassen, sind gemäß CCPI-Index Indien, Chile und Marokko.

Harald Henkel

Zur Person: Harald Henkel

Nach einem Studium der Internationalen Beziehungen und der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft an der Universität zu Köln absolvierte Harald Henkel ein Volontariat bei dem auf die Immobilienwirtschaft spezialisierten inmedia Verlag. Seit 2009 ist er als Journalist, Redakteur und PR-Berater für Fachverlage aus dem B2B-Bereich sowie KMU und international operierende Unternehmen tätig. Seine Themenschwerpunkte sind die Bereiche Wirtschaft und Finanzen, Immobilien, Technik und Software.

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